Wäre ja schön, wenn das hier ein Beitrag über „Leb deinen Traum“ wäre oder nur ein Spruch à la „Wage es zu Träumen“ wäre – es geht aber um etwas ganz anderes.
Um Albträume. Skurrile, schräge, gruselige, manchmal sehr reale, angsteinflößende (Duden sagt, kann man zusammen schreiben) Albträume.
Träumen fand ich immer schön… habe mich immer abends aufs Schlafen und schöne Träume gefreut. Wenn ich mal schlecht geträumt habe, bin ich Schweiß getränkt aufgewacht und habe mich zitternd an meinen Mann gekuschelt. Das waren aber meistens unlogische Träume… irgendwer wollte mich plötzlich grundlos ermorden… Oder irgendwelche Horrorszenarien, weil man halt zuvor einen Horrorfilm gesehen hatte und danach (nein davor!) schon wusste: das gibt aber sowas von keine süßen Träume.
Die Träume, die ich seit dem Sommer 2017 habe sind anders und keine normalen Albträume. Viele Trauernden freuen sich auf die Träume, in der ihre Verstorbenen endlich auftauchen. Wie ein Besuch der Lieben, die wir verloren haben. Eine Begegnung im Traum – so als ob man sich in dieser Welt nochmal wieder sieht und so kommunizieren kann. Eine Botschaft des Verstorbenen. Ich habe nach dem Tod meines Mannes sofort von ihm geträumt. Jede verdammte Nacht, hat mein Kopf versucht so zu verarbeiten. Ich habe geträumt, dass wir wussten, dass er so krank ist und wir ihm noch helfen konnten. Seine OP stand immer kurz bevor. Ich habe geträumt, dass er wieder da ist, dass das reale Leben – die reale Katastrophe – nie passiert ist. Ich habe auch geträumt, dass er wieder zurück ist, aber mich nicht zurück will. Er hatte sich verändert – war plötzlich blöd zu mir und hat mich zurück gewiesen. Ein fieser Schmerz. Er ist da und will mich nicht. Warum will er mich nicht mehr?
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Jeden Morgen wachte ich auf und er war nicht da. Gerade nach so realen Träumen, wo dann nach einem Krankenhausaufenthalt wieder alles gut war, war es für mich jeden Morgen besonders hart. Weil ich mich die ersten Monate immer morgens nach ihm umgesehen habe, aber ihn nicht gefunden habe und dann erst das Hirn realisierte: er ist fort. Weißt du nicht mehr? Er ist doch vor kurzem gestorben – er kommt gar nicht mehr wieder. NIE WIEDER!
Im Traum konnte ich ihn oft retten und im echten Leben ging das irgendwie nicht. Oft saß ich da und habe echt überlegt, wie man einen Verstorbenen wieder lebendig macht. Schräg oder? Oder ich habe mir eingeredet, dass er ja gar nicht verstorben ist, sondern sicherlich entführt wurde, das alles eine Verwechselung war und bald ist er wieder da. ♥ Auch schräg oder? Und das sind meine Gedanken, meine Hirngespinste und kein doofer Traum. Scheint manchmal alles zu verschmelzen und bei mir da oben durchzubrennen. Das macht es mit mir. Ja, das finde ich schlimm… Trauer ist anstrengend, Trauer verändert einen, das Denken, alles. Es ist eine krasse Erfahrung mit starken Gefühlen, die alles von mir einnehmen.
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Tims Tod ist jetzt 1 Jahr und 2 Monate her. Heute wache ich auf und da liegt plötzlich wieder jemand. Ich kuschel mich an und bin erleichtert über diesen Jemand. Diesen Jemand, der mich wieder aktiv lieben lässt. Dennoch träume ich oft schlecht und eine neue Form von Albtraum hat sich hinzugesellt: im Traum habe ich plötzlich zwei Männer vor mit stehen und soll mich entscheiden / muss mich entscheiden. Zwei Männer, die ich liebe. Führe zwei verschiedene Leben mit diesen zwei so unterschiedlichen Partnern. Ein bisschen wie im echten Leben, denn die Gefühle sind manchmal ähnlich. Leben im Zwiespalt.
Was sagt mir das? Eigentlich weiß ich: würde Tim hier heute vor der Tür stehen, würde die Normalität, die Unbeschwertheit gar nicht zurück kehren, denn ich stecke mit den Kindern doch schon in einem anderen Leben. Man kann es nicht rückgängig machen und so soll es wahrscheinlich auch nicht sein. Das wäre alles andere als normal. Das muss ich jetzt annehmen. Annehmen wie es ist. Und doch denke ich manchmal… was wäre, wenn es wie in manchen Filmen ist… lange glaubte man, der geliebte Mann ist im Krieg gefallen und dann… an einem regnerischen Unwetterabend klopft es plötzlich an der Haustür und er steht dort vor mir oder kommt die Kellertreppe hoch.
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Es ist ein langer Weg. Ich bin auf dem Weg. Anscheinend nicht ganz heile, aber… wie auch?
Träume, Albträume, Kopfkino, mein Gedankenchaos. Und irgendwann freue ich mich auf Träume, die mich am Morgen mit einem Lächeln aufwachen lassen. Einfach eine schöne Begegnung mit meinem Mann – in meinem Kopf, in meiner Gedankenwelt. Dort noch einmal seine Stimme hören & in seinen Armen liegen. Nur das.
Danke fürs gelesen werden. ♥
Maggy
Ines Jana meint
Liebe Maggy, und wieder bin ich so wahnsinnig berührt. Es ist ganz normal, dass man solche Gedanken hat. Meine Tochter hatte Dir mal geschrieben, dass IHR Papa durch einen Arbeitsunfall gestorben ist.
Beim Ausräumen der Wohnung( ich habe Ihr geholfen) sagte sie auf einmal: Mama was machen wir denn, wenn Püppe wieder kommt? Dann hat er doch keine Möbel.und Klamotten mehr…..
Und zugegeben, dass hatte ich auch schon überlegt.
Die Trauer hat viele Gesichter. Aber ich denke, auch wenn Dein neuer Partner Dir wieder Mut und Lebensfreude gibt, wirst Du da mehr oder weniger für Dich allein durch. Es aushalten, weiter machen, versuchen zu atmen und zu leben. Ich wünsche Dir und den Kiddis weiter viel Kraft und jeden Tag etwas mehr Sonnenschein. LIEBE GRÜSSE aus Mecklenburg, Ines
Franziska meint
Oh wie kenne ich die Träume. Ich habe Gott sei Dank extrem selten von meinem Mann geträumt. Am Anfang fand ich das sehr schade, mittlerweile bin ich dankbar darum, das ich einfach so gut wie nie mehr geträumt habe, seit er verstorben ist. Auch ich hatte den ein oder anderen schrecklichen Traum aus der Krankenzeit. Und auch als mein neuer Partner in mein Leben gekommen ist, habe ich geträumt, das er wieder kommt und ich da stand mit den beiden Männern. Liebt man doch beide und will man sich nicht entscheiden. Gruselig… Und gut, das diese Träume nicht so oft passieren. Ich bin mittlerweile (über vier Jahre danach) in meinem neuen Leben angekommen, habe mich verändert und neu sortiert. Ich glaube nicht, das es wieder mit meinem Mann einfach funktionieren würde. Aber darüber brauche ich mir eigentlich keine Gedanken machen, da es ja nun definitiv nicht passieren wird. Nur manchmal hat man halt solche Gedanken. Du machst das schon super und hast wohl einen Goldschatz ein Deiner Seite.
Sln meint
Meine Mutter ist vor über 7 Jahren an krebs gestorben und das heile Familienleben war schon ab 2009 vorbei. Jedoch träume ich oft, dass alles normal ist. Dass alle da sind. Und noch im Traum denke ich „okay ey das ist nicht die Realität“ – einfach, damit das Aufwachen nicht zu sehr weh tut. Ich denke, alle betroffenen kennen das. Schöner Text. Ich wünsche dir, dass du bald ohne blöde Gefühle schlafen und träumen kannst.
Anka meint
Liebe Maggy,
viele Worte habe ich nicht, aber ich denke fest an dich und möchte dich wissen lassen. Ja, deine Träume, so in der Art, habe ich auch. Nur mit meiner Mama als Verstorbener.
Ich grüße dich herzlich!
Anni meint
Hallo liebe Maggy. Habe dich zufällig „entdeckt“ und ich muss wirklich sagen: alle Achtung. Wie du das machst und wuppst, ziehe meinen Hut vor dir. Liebe Grüße aus Hannover an dich und deine Familie
Anne meint
Hallo liebe Maggy!!!
Danke für deine offenen Worte… Du gehst weiter deinen Weg und du machst das ganz toll!!
Ich denke so oft an Euch und hoffe das ihr gut zurecht kommen werdet irgendwie. Und diese Sehnsucht die kann ich so gut nachvollziehen. Ich drück dich ganz lieb!
Übrigens finde ich schön das du hin und wieder bloggst. Ich freue mich immer sehr über deine Artikel hier. Deine Anne
Katja D. meint
Hallo Maggy..
Ich habe jetzt endlich mal (fa ich nicht schlafen kann) deine Blocks durch gelesen.. Ich habe großen Respekt vor dir.. Ich weiß nicht ob ich das alles so schaffen würde. Da ist eine heile Familie. Plötzlich ist da aber nichts mehr wie es war. Die heile Welt bricht auseinander. Ganz plötzlich ist der geliebte Mann und Vater deiner Kinder gestorben. Da ist plötzlich ein großes schwarzes Loch. Die Welt scheint still zu stehen. Und doch dreht sie sich weiter. Auch für dich. Du musst plötzlich dein Leben mit deinen Kindern alle weiter leben. Geht das überhaupt? Am Anfang denkt man, das man es nicht schafft. Ganz alleine ohne Mann und Vater. Es kommen etliche Probleme auf einen zu. Jeden Tag denkt man, warum, warum gerade unsere Familie. Eine Antwort dazu gibt es nicht. Du lebst dein Leben weiter. Aber anders. Entscheidungen musst du alleine treffen. Kinder alleine groß ziehen. All das wird einem oft zuviel. Aber du bist stark. Stark für deine Kinder. Und dann ganz plötzlich tritt ein neuer Mann an deine Seite. Fragen kommen auf. Darf ich überhaupt schon einen neuen Mann lieben. Was werden meine Kinder sagen. Ist es falsch nach dem Tod deines Mannes schon wieder eine neue Beziehung einzugehen. Nein, es ist nicht falsch. Es ist schön wenn da wieder jemand ist, wo man sich auch mal fallen lassen kann. Der dich versteht. Der zu dir hält. Der deine Vergangenheit kennt und akzeptiert. Der deine Kinder liebt. Der dich wieder zum Lachen bringt. Auch wenn du einen neuen Partner hast, so ist doch dein Mann nicht dadurch vergessen. Er bleibt immer in deinem Herzen. Und ein Mann der das so annimmt, vor dem kann man nur seinen Hut ziehen. Denn der Tod deines Mannes lag ja nicht schon Jahre zurück. Nein, es war noch sehr frisch. Und jetzt wo ihr vier ein neues Projekt angeht, ändert sich dein Leben nochmal. Ein Haus zu bauen ist kein Spaziergang. Da treten auch Probleme auf. Nicht alles klappt wie man sich das vorstellt. Aber zusammen seid ihr stark und schafft das.. Lass andere Leute die dich negativ runter ziehen reden. Jeder Mensch geht mit seiner Trauer anders um. Es ist dein Leben und nicht das Leben derer die dir blöde Zeilen schreiben. Neid zerstört vieles.. Und wenn sich die Dame nach vielen Jahren immer noch in tiefer Trauer befindet, so ist das ihre Sache und nicht deine.. Man lebt nur einmal. Und warum soll man sich das Leben schwer machen.. Ich wünsche dir jedenfalls alles Glück dieser Erde. Das du glücklich bist und endlich angekommen bist.. 😍